Fingerpicking, auch Finger-Picking-Style oder Fingerstyle genannt, ist eine amerikanische Spieltechnik, die mehrheitlich auf akustischen Stahlsaitengitarren gespielt wird. Fingerpicking wird sowohl zur Begleitung von Folksongs als auch für instrumentale Solostücke verwendet, die Melodie und Begleitung miteinander verbinden.
» Im Wesentlichen ist es eine Spieltechnik mit drei Fingern. «
Im Wesentlichen ist es eine Spieltechnik mit drei Fingern. Der Daumen spielt den Wechselbass, Zeige- und Mittelfinger die Akkordtöne der Begleitung oder die Melodie. Später kam der Ringfinger hinzu, der erweiterte Anschlagsvarianten ermöglichte.
Wer spielt was und wie?
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielten afroamerikanische Gitarristen in den USA wie Robert Johnson (1911-1938), Big Bill Broonzy (1903-1958) und Mississippi John Hurt (1892-1966) synkopierte Blues- und Ragtime-Melodien auf einem pulsierenden Wechselbass und prägten damit die Grundlagen der Fingerpicking-Technik.
Merle Travis (1917-1983), geprägt durch die Country Music der 1950er Jahre, und Doc Watson (1923-2012), aus dem traditionellen Bluegrass kommend, benutzten ein Daumenpick und hatten jeweils eigene Anschlagstechniken mit dem Zeigefinger. Mit der durchgehenden Palm-Mute-Dämpfung der Wechselbässe wurde der Klang der Melodie transparenter und durch die zusätzliche Backbeat-Betonung grooviger.
Der Gitarrist, Produzent und Mentor Chet Atkins (1924-2001) und der aus Paris stammende Marcel Dadi (1951-1996) waren exzellente Fingerpicker, die einerseits Standardstücke nachspielten, andererseits mit einer fundierten Gitarrentechnik eigene Stücke entwickelten.
Jerry Reed (1937-2008), mein Favorit aus Nashville, spielte seine eigenen raffinierten Instrumentalstücke auf einer Gitarre mit Nylonsaiten.
Und dann ist da noch der „Überflieger“ Tommy Emmanuel, der mit seiner vielschichtigen, brillanten Gitarrentechnik und seiner erfrischenden Performance seit Jahren weltweit unterwegs ist.
Grundtechnik
Die elementare Grundtechnik basiert auf dem Wechselbass, der mit dem Daumen vom Grundton des Akkords zur ③ Saite gespielt wird.
Beim Basis-Pattern werden die Töne zwischen den Bässen mit dem Zeigefinger auf der ② Saite und dem Mittelfinger auf der ① Saite angeschlagen. Durch die unterschiedliche Betonung entstehen das Western- und das Folk-Picking.
Pattern-Technik
Die Pattern-Technik basiert auf dem Wiederholen, Zusammenfügen und Kombinieren einzelner Patterns (Muster). Diese werden auf Akkorde beziehungsweise Akkordfolgen übertragen und dienen so als Grundlage für die Begleitung von Songs.
» Das Üben eines Patterns beginnt mit der Wiederholung. «
Das Üben eines Patterns beginnt mit der Wiederholung. Es wird in Form einer Schleife (Loop) geübt und so oft wiederholt, bis es durch das Gehör verinnerlicht ist. Der Lernprozess erfordert, dass ein Pattern über mehrere Tage hinweg immer wieder aufgegriffen wird. Die Erfahrung zeigt, dass es am Anfang besser ist, ein Pattern nach dem anderen zu lernen, als mehrere gleichzeitig.
Basis-Pattern
Wechselbass
slow *)
medium *)
*) Die Audiobeispiele haben bei den langsam gespielten Pattern (slow) ein Takt als „Einzähler“. Das Standard-Tempo (medium) hat zwei Takte als „Einzähler“.
Basis-Pattern
Achte auf einen gleichmäßiger Anschlag ohne Betonungen.
slow
medium
Western-Picking
Achte auf die Betonung (eingekreiste Noten).
medium
Folk-Picking
Es wird die 1. und das „und“ der 2. Zählzeit betont. Die letzte Note im Takt ist unbetont (gestrichelte Linie).
medium
Begleitung
Für Singer-Songwriter sind Fingerpicking-Begleitungen eine Alternative zur Rhythmusgitarre und hat den Vorteil dass auch melodische Elemente wie Fill-Ins, Intros oder Instrumental-Zwischenspiele miteingebunden werden können.
Ausgehend vom Western- oder Folk-Picking können durch Weglassen einzelner Akkordtöne weitere Begleit-Patterns abgeleitet werden. Durch „Umkehrung“ der Anschlagfinger (i m) können noch mehr Pattern-Varianten entstehen. Der Wechselbass bleibt bei diesen Varianten unverändert, kann aber durch Wechselbass-Varianten erweitert werden.
Weitere Aspekte sind 2-Takt-Patterns, Anschlag auf den „inneren Saiten“ (ohne ① Saite), vorgezogene und halbtaktige Akkordwechsel, 3/4-Takt-Patterns und das Spiel mit einem Kapodaster.
Easygoing
ein Instrumentalstück für Gitarrenduo aus dem Lehrbuch FINGERPICKING.
Easygoing / Demo
Dust in the Wind
ein Song von Kansas aus dem legendären Album Point of Know Return (1978).
Dust in the Wind / Intro
Das ganze Stück verwendet bis auf wenige Ausnahmen das immer gleiche eintaktige Pattern. Mit dem durchgehenden Wechselbass ist es ein typisches Fingerpicking-Pattern und kann zunächst ohne Beteiligung der Greifhand mit Leersaiten geübt werden.
Travis-Picking-Umkehrung auf den Leersaiten
slow
fast
Travis-Picking-Umkehrung auf den „inneren Saiten“ (ohne die ① Saite) mit dem C-Akkord
Basis-Pattern
Akkorde / Intro
Tipp: Spiele jeden Akkord mit dem Basis-Pattern auf den „inneren Saiten“ mehrmals durch, bevor die Akkorde taktweise aneinandergereiht werden.
Die vollständige Version ist im Lehrbuch FINGERPICKING enthalten.
Einfache Solostücke
» Melodie und Begleitung gleichzeitig
auf der Gitarre zu spielen «
Grundlagen für Solostücke
Fingerpicking ist eine Spieltechnik, die es ermöglicht, Melodie und Begleitung gleichzeitig auf der Gitarre zu spielen. Dabei werden musikalische Elemente, die in einer Band oft auf verschiedene Instrumente verteilt sind – wie Bass, Rhythmusgitarre und Melodie – auf eine Gitarre übertragen. Diese Technik ist besonders charakteristisch für Folk, Blues und Country, findet aber auch in vielen anderen Musikstilen Anwendung.
Ein entscheidender Aspekt für eine ausdrucksstarke Spielweise ist das rhythmische Zusammenspiel von Bass und Melodie. Eine bewährte Technik besteht darin, die Melodietöne gezielt auf Offbeats zu setzen und gleichzeitig die Backbeats des Wechselbasses zu betonen. Dadurch entsteht ein treibender Groove, der das Stück lebendiger und interessanter macht.
Single Boy / Groove-Übungen
Im Lehrbuch wird Single Boy zusammen mit Skip to My Lou als Medley gespielt.
Single Boy
slow
fast
Groove-Übung 1
Fuß klopft auf Click mit dem Metronom:
langsame Viertel 40 - 60 bpm
slow
Groove-Übung 2
Slow / Fuß klopft auf Click mit Metronom:
langsame Halbe 40 - 60 bpm
Fast / Fuß klopft auf Click mit Metronom:
schnelle Halbe 80 - 100 bpm
slow
fast
Groove-Übung 3
Fuß klopft den Taktpuls auf schnelle Halbe auf der 1. und 3. Zählzeit.
Das Click des Metronoms läuft auf der 2. und 4. Zählzeit (Backbeat).
Die Backbeat-Wechselbässe werden betont.
fast
Klanggestaltung und Transparenz
Um eine klare Trennung zwischen Melodie und Begleitung zu erreichen, verwenden Fingerpicker oft das sogenannte Palm Muting (PM) - das leichte Dämpfen der Basssaiten mit dem Handballen. Diese Technik sorgt dafür, dass der Bass nicht zu dominant wird und die Melodie besser und transparenter zur Geltung kommt. Zusätzlich kann durch den gezielten Wechsel zwischen klingenden und gedämpften Tönen eine dynamische Abwechslung im Klangbild erzeugt werden.
Blue G Blues / Palm Mute
Akkorde
Blue G Blues
Capo II
Capo II
So klingt es am Anfang!
Wenn die Noten/Tabulatur langsam (slow) mit Kapodaster im 2. Bund (Capo II) gespielt werden, ohne Swing Feel, ohne Artikulation, ohne Palm Mute und der Wechselbass ohne Backbeat-Betonung.
Wenn die Noten/Tabulatur langsam (slow) mit Swing Feel gespielt werden.
Wenn der Wechselbass mit Palm Mute und Backbeat-Betonung gespielt wird.
Spielstücke
Spielstücke sind Solo-Instrumental-Versionen für fortgeschrittene Gitarristinnen und Gitarristen und zeichnen sich durch anspruchsvollere Akkordgriffe und komplexere Spieltechniken aus.
Schwierigere Akkordgriffe sind z. B. Barré-Akkorde, Akkorde in den Lagen, Jazz-Akkorde usw.
Komplexere Anschlagstechniken umfassen unter anderem Aufschlag- und Abzugsbindungen (Hammer-Ons / Pull-Offs), Slides und Bendings.
Um schnelle Tempi spielen zu können, ist eine ökonomische Spieltechnik sowie eine ergonomische Haltung entscheidend, die durch intensives Üben allein nicht ersetzt werden kann.
Hammer-Ons and Pull-Offs
Hammer-Ons and Pull-Offs
medium
Die vollständige Version ist im Lehrbuch FINGERPICKING enthalten.
Eigene Arrangements
Wer das Fingerpicking beherrscht, kann nicht nur bestehende Songs nachspielen oder neu interpretieren, sondern auch eigene Arrangements für Gitarre solo kreieren. Besonders im Folk ist es üblich, bekannte Melodien zu arrangieren und mit harmonischen Erweiterungen zu bereichern. Durch die Kombination von Basslinien, Akkorden und Melodien entstehen komplexe und vielschichtige Stücke, die die Gitarre als vollwertiges Soloinstrument präsentieren.
Fingerpicking
Lehrbuch 2.0
Dieses Lehrbuch bietet eine umfassende Einführung in die grundlegenden Fingerpicking-Techniken. Es ermöglicht das Nachspielen leichter bis mittelschwerer Fingerpicking-Solostücke, kreative Begleitungen zu improvisieren und einfache Songs selbst zu arrangieren.
Es enthält Noten, Tabulaturen, Hörbeispiele und ergänzende Videos, um den Lernprozess optimal zu unterstützen.
Lehrbuch 2.0
Das Lehrbuch als PDF oder Ringbuch umfasst 144 Seiten und enthält 3 Lehrvideos und 120 Hörbeispiele, die als Link (PDF) oder QR-Code (Ringbuch) direkt abrufbar sind.