Franz Eimer

»Ich habe nie geübt aber viel gespielt.«

Franz Eimer

Kannst Du etwas zu Deiner Person sagen und zu Deiner musikalischen Entwicklung?

Geboren bin ich 1944 in Bad Wiessee und aufgewachsen in lcking. Damals, mit etwa 13 Jahren, als kleiner Bub, kam ich über meinen Vater zur Volksmusik. Er musizierte schon vor dem Krieg eine Art Münchnerische Schrammelmusik. Ich spielte im Quintett meines Vaters mit, zuerst die Bassgeige, dann das Hackbrett und später auch die Gitarre. Meine Großeltern kamen aus dem Zillertal. Durch sie hatten wir viel Kontakt zu Zillertaler Musikanten.
Mich faszinierte die Harfe, die dort häufig gespielt wurde. Mein Vater kaufte mir eine Harfe, die ich heute noch besitze. Ein interessantes Instrument, weil es das erste war, das der bekannten Harfenbauer Franz Bradl aus Brixlegg in Österreich baute. So klimperte ich auf der Harfe rum und schaute vieles den Zillertaler Harfenspielern ab und probierte es nachzuspielen.

Mit Hans Dondl spielte ich im Harfenduo und mit seinem Bruder Werner sangen wir auch viel zusammen. Aus heutiger Sicht haben wir viel "Schmarrn" gesungen. Was man halt alles tut, um eine "Gaudi" zu haben und bei den Frauen Eindruck zu schinden. Nachdem mein Vater einiges kritisierte, wurde es auch ein bịsschen ernster. So sind wir auf das Liedgut der Volksmusik gestoßen. Nachdem Hans dazukam waren wir ein Dreigesang. Mit der Harfe begleitete ich die Lieder und spielte, wie ich schon erwähnte, im Quintett mit, das folgende Besetzung hatte: Hackbrett, Zither, Bassgeige, Gitarre und Harfe. Wir spielten oft in den Wirtshäuser und so lernte ich vor etwa 30 Jahren auch Sepp Eibl kennen. Ich wollte dann besser Gitarre spielen lernen, hatte aber aus beruflichen Gründen wenig Zeit und war auch zu faul zum üben. Ich habe nie geübt aber viel gespielt.

Ich spielte dann in verschiedenen Musikkapellen mit. Zur Zeit spiele ich bei den Weil-Buam die Begleitung mit der Harfe. Bei einer Klarinettenmusik in Zell spiele ich auch öfters mit. Bei einem Zithertrio in Krumbach spiele ich mit der Kontragitarre dazu. Das Spiel mit der Kontragitarre ist zur Zeit wieder etwas in Mode gekommen. In der Münchner Schrammelmusik wurde früher die Kontragitarre gespielt, sie verschwand für eine gewisse Zeit und es wurde wieder die normale Gitarre gespielt. Zur Zeit sieht man die Kontragitarren wieder mehr und mehr.

Wie hast Du das Harfen- und Gitarrenspiel gelernt?

Ich lernte das Harfenspiel selber. Durch das Skifahren, ich fuhr auch Rennen, war ich mit Werner Dondel und seinem Bruder Hans öfters im Zillertal. Ich war vom Spiel des Heinz Binder fasziniert. Er war ein Vollblutmusikant, von dem ich mir viel abschaute. Ein anderer guter Spieler war der Hermann Lechner von dem ich lernen konnte. Bei Gudrun Haag, einer Konzertharfenistin, lernte ich in etwa 10 Unterrichtsstunden ein wenig das Spiel von den Noten

Ich war von Sepp Eibl fasziniert, wie er die Gitarre spielte. Er fasst die Gitarre schon ganz anders an, wie alle andern Volksmusik-Gitarristen. Bei ihm schaut das alles so leicht aus, wenn er spielt. Für mich ist er der beste Melodie- und Begleitspieler in der Volksmusikszene.

Das Spiel auf der Kontragitarre lernte ich von Heinz Stoiber. Ich spielte dann auch eine Zeit lang mit ihm zusmmen. Zu seinem Akkordeonspiel begleitete ich auf der Kontragitarre. Es war am Anfang nicht einfach, weil er oft in den Tonarten Bb-, Es- und As-Dur spielte.

Ich hatte Dich das erste mal vor etwa sechs Jahren bei einem Musikantentreffen in Eresing gehört. Du hast im Ickinger Dreigesang mitgesungen und im Ickinger Harfenduo mitgespielt.

Mit dem lckinger Harfenduo haben wir uns einen Namen geschaffen, wenn ich das so sagen darf. Im Ickinger Dreigesang wirkte der Sepp Judenhofer und der Hans Dondl mit. Wir waren immer bemüht, daß man möglichst normal singt, und nicht gekünstelt. Wir hatten auch öfters geübt, das heißt: Wir haben Lieder aufgenommen und angehört. Die Feststellung war, dass wir beim Singen übertrieben haben, und das war nicht gut.
Ich hasse es, wenn Gruppen "überzüchtet" oder übertrieben Jodler singen und eine Wissenschaft daraus machen wollen. Das ist nicht der Sinn der Sache. Ein Jodler gehört frei raus, als "Gaudi" gesungen. Er muss aus dem Herzen heraus kommen.

» Ein Jodler gehört frei raus, als "Gaudi" gesungen. Er muss aus dem Herzen heraus kommen. «

Du hast auf einer Platte mitgewirkt bei der man, durch Fotos abgelenkt, Mühe hat den Text zu lesen. Ich kenne auch Leute, die zwar die Plattenhülle noch haben, die eigentlich ein Buch ist, aber das Wesentliche, die Platte, fehlt.

Die Platte wurde 1978 aufgenommen. Ich führte sozusagen "Regie". Wir haben diese Platte damals aus einer Gefälligkeit gemacht. Ich wurde von der Firma Ecetera in München gebeten, zum 10-jährigen Geschäftsjubiläum, dies in die Hand zu nehmen. Ich organisierte die Musikanten und wir nahmen die Platte auf.
Die Tonaufnahmen wurden in einem Keller gemacht und wirken ganz natürlich. Bei manchen Aufnahmen haben die Musikanten vorher nie zusammengespielt. Als Gage hat dann jeder ein paar Platten gekriegt.

Gibt es in dieser Gegend hier noch spontane Musikantentreffen?

So spontan wie damals gibt es heute keine Musikanntentreffen mehr, das liegt auch an den Wirten.
Ich habe 1972 ein Musikantentreffen organisiert. Wir richteten eine alte Tenne her, bauten eine Bühne auf und dekorierten die ganze Tenne aus. Es wurde ein riesengroßes Fest, mit und für die Musikanten, das über zwei Tage dauerte. Eingeladen waren alle Gruppen, die Rang und Namen hatten: Fischbachauer Sängerinnen, Roaner Dirndl, Wegscheider Musikanten, Waakirchner Sänger, Riederinger Sänger, auch Sepp Eibl und viele andere.

Worauf soll man achten wenn man das Begleiten lernen will?

Man sollte die Harmoniewechsel hören lernen, die Griffe und die dazugehörenden Bässe. Meine erste Gitarre kaufte ich von Josef Eitele. Er spielte selber auch Gitarre, und als wir zusammen musizierten, gab er mir Anweisungen wie ich die Begleitung zu spielen hätte. Er meinte: "Dass man die Bässe nicht immer Abstoppen, und auch nicht zu kurz spielen soll. Der Ton soll vor dem Abstoppen zuerst klingen."

Im 3/4 Takt kann die Betonung und die Tonlänge der Nachschläge unterschiedlich sein. Man soll mit dem Melodiespieler mitgehen und in seine Musikauffassung mit einsteigen. Als Begleiter soll man die Melodie nicht übertönen sondern unterstützen.
Auf dem Grundschlag wird der Bass mit dem Daumen gespielt. Es gibt viele Möglichkeiten wie man ihn spielt: lang oder kurz, weich oder hart usw. Jeder hat seine eigene Technik, wie er dies ausführt. Durch die Frage wird mir klar, dass es eigentlich viele Varianten des Begleitens gibt.

» Durch die Frage wird mir klar, dass es eigentlich viele Varianten des Begleitens gibt. «

Wenn ich auf der Harfe die Begleitung spiele, so hört man den 2. Nachschlag kaum noch, weil ich ihn zu schwach spiele. Seit ich dies bemerkte, bin ich bemüht den 2. Nachschlag wieder etwas lauter zu spielen. Dies merkt man selber nur, wenn man sich aufnimmt und dann anhört.

Wie und wann spielst Du Bassläufe?

Ohne zu spielen, ist es schwierig darüber etwas zu sagen. Man sollte aber nicht einfach irgenwo Bassläufe hineinspielen um zu zeigen, wie gut man spielen kann. Ich gehe mit Bassläufen eher sparsam um.

» Ohne zu spielen, ist es schwierig darüber etwas zu sagen. «

Gibst Du einer bestimmten Besetzung den Vorzug?

Mir gefällt jede Besetzung gut, wenn gut musiziert wird. Für mich ist Volksmusik, wenn der Musikant gebraucht wird. Das kann eine Beerdigung sein oder eine Hochzeit, ein Fest oder irgend etwas.

Kann man das Musizieren in der Volksmusik lernen?

Die Technik ja, das Spielen muss man in Erfahrung bringen. Man lernt es vor allem durch das Mitspielen.

Hast Du alte Instrumente?

Mein Vater hatte eine Kontragitarre mit vier Bässen. Der Boden war aus Vogelahorn und die Decke aus Fichte. Nachdem die Gitarre eine Woche in einem feuchten Raum war, löste sich der Knochenleim auf. Die Gitarre war völlig zerstückelt und natürlich unspielbar. Robert Eibl reparierte die Gitarre und so besitze ich jetzt eine Rarität. Meine zweite Kontragitarre ist von Robert Eibl gebaut.

über Instrumente fällt mir noch eine Geschichte mit Sepp Eibl ein. Früher, vor etwa dreißig Jahren fuhr ich mit Sepp Eibl öfters weg. Einmal besuchten wir einen Bergbauer in Gerlosberg. Wir trafen ihn auf dem Feld beim Mähen und setzten uns dann vor das Haus und tranken Wein. Dieser Bauer und Sepp Eibl kannten sich nicht. Vor Jahren hat aber Sepp Eibl erfahren, dass dieser Bauer gut Geige spielen konnte, aber keine Geige mehr hat. Sepp Eibl schickte ihm per Post ein Geige zu. Jetzt war dies also das erste Mal dass sich die beiden trafen. Sepp Eibl fragte ihn dann, ob er noch Geige spielt? Er sagte dann auf zillertalerisch: "Ja, hätt i bald nimmer spielen können, weil meine kaputt war, und dann krieg i von einem gewissen Eibl per Post eine neue Geige g'schenkt."
So viel ich weiß ist der Zillertaler Hochzeitsmarsch von diesem Geiger. Später spielte er mit seinen zwei Enkeln, zu meiner Überraschung, auf meiner Hochzeit. Es war eine unbeschreiblich schöne und herrliche Musik.

Interview: René Senn
Das Gespräch wurde am 06.08.1992 in Neufarn aufgenommen.
(Archiv: R. Senn)